Dienstag, 19. März 2013

Bin dann mal weg...

...hab ein Date mit der Sonne.


Ein Bündel frischgeschlüpfter Fliegen stolpert über meinen Kopf hinweg. Ist wohl noch dabei den Gebrauchsanweisungen zum fachgetreuen Einsatz ihrer zarten Flügelchen zu üben.
Wird schon noch.

Eng umschlungen von meiner Fleecedecke aus dem 1€ Laden (3€musste ich trotzdem auf der Ladentheke opfern, was ´ne Verarsche) sitze ich auf dem modrigen Holzgeländer meines Balkons und lasse die unglaubliche Schönheit meiner Umgebung genussvoll auf mich wirken.

Unmittelbar hinter meinem Rücken: die viertelstündlich befahrenen Schienen der Breisgau-Bahn.
Zu meiner Linken: die nicht weniger ausgelasteten Bahngleise der keuchenden, schwerbeladenen Güterzüge.
Geradeaus: zwei hoch empor ragende Fabrikschornsteine die ihre Großzügigkeit dadurch äußern, indem sie alles andere als sparsam ihre lustig formierten Wölkchen in den blauen Himmel puffen. Moderne Kunst?
Naja und rechts von mir: Wand, Balkon, Wand, Balkon, Wand…

Erneut stürzt sich das Bündel Fliegen in einem wagemutigen Akt aus Übermut und Naivität und nur eine Toastbrotscheibenbreite von meinem Gesicht entfernt in die Tiefen.
Wird schon noch.

Die in den vergangenen Tagen doch sehr verflüssigt gewesenen Sonnenstrahlen haben sich endlich in ihre eigentliche Form zurück verfestigt und drängen sich nun vereinzelt an den künstlerisch gepufften Wölckchen der Fabrikschornsteine vorbei als wollten sie beweisen, dass sie entgegen vieler Erwartungen doch noch nicht in die Gruppe der ausgestorbenen Arten übergesiedelt war. Erleichterung
Wie war das mit dem Vitamin D doch gleich? Vielleicht besteht ja Hoffnung, dass mit genug Sonnenstrahlen getankt mein bisher seelig schlummerndes Immunsystem aus seinem Winterschlaf erwacht und mich rechtzeitig davon abhält, mir sämtliche Organe aus der genervt rebellierenden Luftröhre zu husten. (Und das obwohl ich Nichtraucher bin.. hätt´ ich auch gleich damit anfangen können!)

Meine gesamte Gesichtsmuskulatur scheint sich über diese ungewohnte, ausnahmsweise nicht durch auf Hochtouren laufenden Heizungen und sperrangelweit offen stehenden Backofentüren produzierte Wärme zu freuen, denn sobald die Helligkeit ansteigt beginnen meine Augen zu blinzeln und die Mundwinkel zucken in die Höhe. Es erheitert mich zu beobachten wie die Sonne ihr Spiel mit mir treibt:
Sonne da, Mundwinkel oben, Lächeln. Sonne weg, Mundwinkel unten, Lächeln weg.
Resümee: Es besteht wohl doch noch die Chance auf einen diesjährigen Frühling.
Wird schon noch.
..und übrigens:
 Diogenes von Sinope lebte laut Überlieferungen in einer Tonne und war streng gegen "unnatürliche Begierden" die einem von der Gesellschaft auferlegt wurden. So antwortete er Alexander dem Großen als dieser ihm einen Wunsch gewährte schlicht: "Geh mir ein wenig aus der Sonne".
 
Sportfreunde Stiller - Frühling