Donnerstag, 19. Juli 2012

Wo andere noch stolpern...

...lieg ich schon auf der Schnauze.

Woher meine vielen Narben stammen? Riskiere einen kurzen Blick in mein Zuhause, trau dich ein paar wenige Schritte vorwärts und du wirst merken woher.
Nicht dass ich etwa Folterinstrumente aus dem Mittelalter hätte mitgehen lassen, weil diese sich teilweise ja ganz praktisch in die Küche zur Verarbeitung von Fleisch und Gemüse integrieren lassen würden, ein ganzes Waffen Arsenal im Anbau wäre wohl von der Straße aus zu sichtbar gewesen und auch ein eingebauter SM-Keller wäre mir doch eher neu gewesen... Falsch, es sind die heimtückischen Ecken und Enden der stets auf mich lauernden Haushaltsgegenstände, Möbelierungen und natürlich der scheinbar harmlosen Wände (die rücken nicht aus purer Libesbedürftigkeit immer näher!).

Beweis: 
Minute 1.00 - 1.15 und 7.50 - 8.00

Warum stehen Stühle und Tische immer akkurat dort wo ich gehen möchte? Die Dinger schmeißen sich mir förmlich in den Weg, das kann doch kein Zufall sein.. oder strahle ich gar das dringende Bedürfnis aus, gegen mit Ecken und Kanten geschmückte Gegenstände zu laufen? So Just for Fun? Naja tut mir leid, euch enttäuschen zu müssen - aber ...: Nein! 
Und weil es scheinbar nicht genug ist, wenn sich plötzlich ein Schrank provokant vor mir aufbäumt und mir seinen Inhalt entgegenschleudern will oder sich eine Wirbellose Mikrowelle um mein hilfloses Fußgelenk schlängelt um sich dann ruckartig von mir aus der Ankerung reißen- und durch die halbe Wohnung schleifen zu lassen, werfen sich auch noch die sich wöchentlich, zahlreich versammelnden Flaschen auf meinem Schreibtisch in Lemming-ähnlichem Verhalten, in einem Akt des waagemutigen Suizides die Kante hinab richtung Fußboden, der unter seiner Teppichverkleidung höchstwarscheinlich schon eigene Wasser,- Kaffee,-Bier,- und sonstige Spirituosenspeicher unterirdisch angelegt hat, sodass man eigentlich nur noch mit einem -mit einer leicht über dem Durchschnitt seiner normalen Festigkeit liegenden- Röhrchen die dünne Bodenschicht durchzustoßen bräuchte, um daraufhin genüsslich wieder in den Geschmack, längst verloren geglaubter hochwertiger Getränke zu kommen.
Wo wir schon beim Schreibtisch sind, ich bin ja generell pro "Mut zum anders sein" aber wenn beim nur leichtesten Zug an der Schublade einem schon der Griff in der Hand hängen bleibt (so übertrieben schweißüberströmt sind meine Hände dann doch nicht), die Schublade den Abflug eine Etage tiefer beginnt, die darüberliegende Schublade aus der für sie vorgesehenen Ankerung bricht und sich ebenfalls in die Tiefe stürzt, der Boden der dritten Schublade sich selbständig macht und sich mit all dem jahrelang feinsäuberlich darauf angesammelten Sperrmüll auf nimmerwiedersehen in einer sich zusammenbrauenden, vor mir auftuenden schwarzen Staubwolke im Rückwärtsgang in einem Labyrinth von Spinnenweben, herausgebrochenen Schrauben und Fotos aus dem wohl 18.Jahrhundert, verabschiedet..ja, dann beginne ich doch leicht an meiner Einstellung zum Anders sein in Bezug auf meine Möbelierung, zu zweifeln.

Aber um auf das ursprüngliche Thema zurück zu greifen - ich persönlich halte Narben für Spuren und Beweismittel dafür, wirklich gelebt zu haben. Die Zeit zeichnet sich nunmal nicht nur durch Falten und sich vereinzelt zur einst so gewohnt, fülligen Haarpracht hinzu schleichende weiß-gräulich schimmernde Haare am Körper eines Menschen ab. Dass viele meiner "Lebensspuren" durch mein dezent grobmotorisches Verhalten innerhalb meiner 4-Wände stammen, kann ich nicht verleugen (immerhin passieren laut einer Statistik 61% aller gesamten Unfälle im Haushalt und beim Heimwerken). Die Restlichen stammen größtenteils aus meinem etwas risikoreichen (aber stets risikobewussten) Lebensstil, durch welchen ich erst diese positive Einstellung gegenüber meiner wohl nicht unbedingt gerade für Weiblichkeit stehenden, von der Zeit geprägten Überbleibsel verheilter, aber doch aufgrund des wachsenden Erfahrungswertes lohnenswerter Wunden, gekommen bin.

Tja, Korczak wusste eben schon damals, im ersten seiner drei für´s Kind geforderten Grundrechte, worum es geht. (Da vielleicht noch nicht jeder von diesem Typen gehört hat, führ ich das mal ein bisschen näher aus.)
Das erste Recht formuliert Janusz Korczak als „Das Recht des Kindes auf seinen eigenen
Tod“. Damit setzt er das Recht auf Tod mit dem Recht auf Risiko gleich, da jedes Risiko den
Tod zur Folge haben könnte. Doch ohne Risiko können die Kinder keine eigenen
Erfahrungen machen und folglich nichts daraus lernen. Erziehung darf damit nicht allen
Wagnissen vorbeugen. Korczak betont, „aus Furcht, der Tod könnte uns das Kind entreißen,
entziehen wir es dem Leben; um seinen Tod zu verhindern, lassen wir es nicht richtig
leben.“. Um Selbstbestimmung und Selbstständigkeit zu fördern, fordert Janusz Korczak in
diesem Recht, den Kindern Möglichkeiten zur Selbstentdeckung, Willensausübung und –ausbildung sowie Freiheit und Erfahrungsmöglichkeiten zu geben.

(Achtung lieber Herr Überwachungsstaat, dieser Text ist -höchstwahrscheinlich alles andere als legal- aus dem Internetskript >>Auf den Spuren von Janusz Korczak und seiner Pädagogik<< durch meine Hand entwendet worden;-)

und übrigens:
Junge, Junge, die Wände schmelzen schon wieder...was war denn in dem Kaffee ?

(inzwischen hat sich die mittlere Schublade komplett verabschiedet..)

Farin Urlaub - Dusche

2 Kommentare:

  1. hier fühl ich mich wohl, hier bleib ich ;) schade nur, dass du keine schlagworte an die unkaputtbaren posts klebst, dann fällt das stöbern leichter (so nach dem motto "leute, die schmelzende schubladennarben lustig fanden, mögen auch ...")

    blogstolpernde grüße
    das a&o

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  2. Ich weiß ja noch nichtmal wie das geht.. :D Aber freut mich, dass du dich hier scheinbar wohl fühlst ; )

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