Geplante 6 Stunden haben sich mal
eben zu beachtlichen 9 Stunden ausgedehnt, aber wenn sich nach 6 Stunden so
langsam am Allerwertesten Druckgeschwüre anzubahnen drohen, machen´s die 3
Stunden hin oder her als Zugabe ja nu auch nicht mehr groß aus, richtig?
Falsch! Schuld an dieser unfreiwilligen dekubitusfördernden Tankverschwendung
sind zum einen mein bockwurstähnlicher Orientierungssinn, der mich aufmerksam
und stets zuverlässig in Momenten meiner absoluten Verwirrung daran erinnert,
dass ich ihn nicht habe - und andererseits die extreme Sparsamkeit, mit welcher
Italien seine Straßen mit Schildern zu schmücken pflegt (gibt´s da Parallelen
zur Finanzkrise?). Aber da hier so oder so jedermann auf Verkehrsregelungen
einen (hierzulande) trockenen Dreck zu geben scheint, versetzt diese Gegebenheit mich
auch nicht mehr allzusehr in Verwunderung. Der optimistisch gestimmte Rat einer
deutsch-sprechenden Italienerin (nachdem ich – zu diesem Zeitpunkt bereits nur
noch auf den letzten Tropfen meines Resttankes fahrend – 10km weit einen Berg
hochgetuckert war, mit der stetigen Befürchtung, genannter restlicher Tropfen
könnte ebenfalls im Nirwana verschwinden und mich dazu zwingen, ganz nach dem
Motto „wer sein Moped liebt, schiebt.“ Dazu gezwungen sein, mein Maschinchen
an den Hörnern zu packen und sie die übrigen paar Kilometer bergauf zu
schleifen, in der Hoffnung, auf der anderen Seite bergab bis zur nächsten
Zapfsäule rollen zu können) lautete - nachdem sie mir grinsend an höchster
Stelle des Berges angekommen, zu verstehen gab, dass hier Endstation sei
(hurra-.-) – Ich solle mich glücklich schätzen, sobald ich ein meiner Route zusprechendes
Straßenschild aufgetrieben habe (einfangen und nie wieder los lassen!!) und
daraufhin in einer sagenhaften Gutgläubigkeit die nächsten 20-30km darauf
vertrauen, dass mein Gefühl bei allen weiteren Abbiegungen schon richtig sei,
da Straßenschilder hier wohl zu einer enorm vor dem Aussterben bedrohten
Spezies gehörten. Klasse. Vor allem wenn man sich in dem unscheinbaren, kleinen
Metropölchen namens Milano befindet. Ich für meinen Teil habe jedenfalls eine
pervers lange Stunde damit verbracht, mir einen Ausweg aus dem stickigen
Gemisch aus höchst enthusiastisch lenkenden Kleinwagenbesitzern, beim Gehen
einschlafenden Zebrastreifenüberquerern und anderen höchstwahrscheinlich seit
Jahrzehnten durch den TÜV gerasselten 4- und 2-reifigen Umweltverpestern, zu
bahnen.
Naja zumindest war ich auf diesem
zugegebenermaßen etwas zu zeitlich ausgedehnten Teil meiner Tour wieder dazu
befähigt, die digitale Geschwindigkeitsanzeige zu entziffern, die sich den Tag
zuvor heimtückisch hinter dem sich vor mir in leichter Schräglage
emporreckenden Turm von Pisa aka.
Tankrucksack, versteckte.
Wäre in dieser
Verkehrsregelungenmeidenden Kultur aber wohl auch egal gewesen.
(Beginn der Alpennin-Berglandschaft, Italien)
und übrigens:
und übrigens:
Ich glaube man hält sich hier automatisch am besten an die Regeln, indem man auf sie scheißt.
Mein Motto bewährte sich trotz all
dieser Strapazen langsam aber sicher (auch wenn mir die direkte Variante
aufgrund der schweißtreibenden Temperatur doch lieber gewesen wäre – es fühlt
sich nicht unbedingt so genial an, wenn man in der luftdichten Lederkluft auf
einmal zu Schwimmen beginnt). So bin ich doch zumindest in den Genuss einiger
sich Kilometer über die südliche Apennin-Berglandschaft ziehende, meine
Arschmuskeln etwas entlastenden Kurven in vielversprechender
Piniengesellschaft, gekommen.
Schweißüberströmt und mit Used- oder
noch besser: Wasted-Look verkörpernder Haarfrisur..nein, das kann ich beim
besten Willen nicht mehr als Frisur durchgehen lassen, da sich keine einzelne
Strähne mehr für eine Himmelsrichtung zu entscheiden scheinen konnte – schob
ich meine Füße mit letzter Willensraft vor die Rezeption um daraufhin jegliche
Wege zum zugeteilten Zimmer entlang zu pilgern – nur nicht die von der
Rezeptionistin beschriebenen.
Mal ehrlich. Ich glaube ich habe die
unglaublich unnütze Gabe, gezielt die Richtungen zu vermeiden, welche mir
ausführlich erklärt werden. Vielleicht sollte ich ab sofort einfach nur noch
entgegengesetzt zu meinem Verstand arbeiten, dann müsste sich meine
Negativ-Version der links-rechts, vorne-hinten, oben-unten Geschichte doch
irgendwie ausgleichen lassen, oder?
Im Zimmer wurde ich von einer Vollblüterin
italienischer Gattung, begrüßt, die zwar in leicht schizophrenen Zügen
zeitweise vor sich hin schwafelte, über alles und jenes zu schimpfen wusste, ansonsten
jedoch ganz nett- und sogar etwas englisch zu sprechen bemächtigt war
(Italiener mögen ja vieles können, z.B. Eiscreme herstellen, Pizza backen und
im Verkehrsregelnbrechen sind sie ebenfalls Spitzenreiter – 1.Liga wirklich)
aber eine Konversation auf Englisch kannste dir von vorne herein abschminken.
Frag da mal nach dem Weg, denen ist egal, ob du auch nur ein einziges von ihnen
an dich gerichtetes Wort verstehst – nein, sie überschütten dich mit einem
Wortschwall aus italienischer Sülze, schmeißen energische Handbewegungen auf
deinen Berg aus Planlosigkeit und falls dann dein Repertoire an Verwirrung noch
ein kleines freies Plätzchen aufweisen sollte, geben sie dir mit einer Mischung
aus bis zur Unkenntnis misshandelten Stadtnamen, „si si“s, „no no“s, „allora“s und durch die herrlich
idyllisch verstaubte Stadluft fliegende Gliedmaßen von Händen und Füßen, den
Gnandenschuss.
(Jugendherberge in Marina di Masse, Italien)
Den Tag darauf traf ich in der, einer
Villa gleichenden Jugendherberge, zwei deutsche Backpackerinnen und zwei
holländische Reisende an (die Frage, ob man in Holland dauerstoned sei,
beantworteten beide mit einem Nein – wieder was dazu gelernt), mit denen ich
einerseits mein seit der Schulzeit etwas eingerostetes Englisch auffrischen-
und andererseits den Mittag und Abend in einer Gesellschaft verbringen konnte,
die nicht mit temperamentgeladenen italienisch sprachigen Salven auf mich
zielte, in der Hoffnung, mein Sprachverständnis könne sich dadurch wie durch
ein Wunder erweitern und ich, der italientischen Sprache mächtig werden.
(Sonnenaufgang am Hafen)
Was gibt´s noch zu erwähnen? Momentan
werde ich von einer Horde, am Strand ihre kindliche Unschuld in knallhartem
Kinderbier ertränkenden Minderjähriger wach gehalten, während ich selbst als
rotierende Bazillenschleuder in meinem Bett liege und wie ein Rasensprenkler
meine Keime in alle erdenklichen Richtungen hustete, soll ja schließlich keiner
später behaupten können, er sei zu kurz kommen. Ich hoffe, dass der Großteil
des Zimmers Ohrenstöpsel benutzt. Gute Nacht!
Buchtipp: "Sind wir schon da?" von Clemens Haipl
Hat inhaltstechnisch eine etwas einschläfernde Nebenwirkung mit der Zeit, ist aber auf eine ungewohnt unbefangene, geniale Art geschrieben.
PacoVolume - Wolves
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen